GP – Hier und Heute

Gestaltpädagogik ist Beziehungspädagogik, die auch unter schwierigen Bedingungen funktioniert.
Die Gestaltpädagogik stellt einen Denk- und Handlungsrahmen zur Verfügung, auf dessen Grundlage
sich sagen lässt, was eigentlich zu tun ist, wenn vor dem Hintergrund eines modernen Erziehungs-
und Bildungsverständnisses pädagogisch gehandelt werden soll. Gestaltpädagogik ist ein aus der
Gestalttherapie herleitbarer und gleichzeitig eigenständiger Ansatz der praktischen Pädagogik für alle
pädagogischen Handlungsfelder (z. B. Kindheitspädagogik, Schulpädagogik, Heilpädagogik, Soziale
Arbeit). Ihr Fundament ist Kontakt- und Beziehungsorientierung im Rahmen einer anerkennend-
dialogischen Beziehung.
 
Die Gestaltpädagogik antwortet auf die aktuellen pädagogischen Herausforderungen, indem sie
Kinder, Jugendliche und Erwachsene in ihrer gesamten Lebenssituation betrachtet. Gestaltpädagogik
nimmt die Erfahrungen von Menschen ernst, auch diejenigen Erfahrungen, die in pädagogischen
Situationen gemacht werden. Zeitgemäße Bildung und Erziehung braucht Möglichkeiten, um ihre
Adressat*innen selbst unter schwierigen Bedingungen pädagogisch zu erreichen. Der Grundgedanke
der Gestaltpädagogik besagt, dass genau dies möglich ist, wenn Kinder, Jugendliche und Erwachsene
darin unterstützt werden, bedeutsame Erfahrungen zu machen: mit sich selbst, mit anderen, mit den
Dingen in der Welt. Jeder Mensch hat ein angeborenes Beziehungswissen, das pädagogisch
ansprechbar ist.
 
Pädagogische Beziehungsgestaltung gelingt mit dem Gestaltansatz leichter und gleichzeitig effektiver.
Die basalen Prinzipien der Gestaltpädagogik sind denjenigen der Traumapädagogik sehr ähnlich. In
beiden Fällen geht es um ein feinfühliges Vorgehen bei gleichzeitig sicherem Rahmen. Die
Gestaltpädagogik hat, gerade weil sie um die Verwundbarkeit des Menschen weiß, immer auch
kritisch die Bedingungen im Blick, unter denen Pädagogik stattfindet.
 
Gestaltpädagogik ist ein bildungs- und machtkritischer Ansatz, nicht nur bezogen auf pädagogisches
Handeln, sondern auch in Bezug auf dessen politische und institutionelle Rahmenbedingungen. Nicht
zuletzt ist Gestaltpädagogik ein selbstkritischer Ansatz, der betont, dass die pädagogische Beziehung
kein Selbstzweck ist. Es geht um pädagogische Verantwortung und die stete Balance von Beziehung
und Begrenzung.
 
Die Gestaltpädagogik liefert einen Handlungsrahmen, der für mehr Klarheit in schwierigen
pädagogischen Situationen sorgt. Klarheit ist in herausfordernden pädagogischen Situationen nicht
rezeptartig herzustellen, und es soll auch nicht behauptet werden, dass es sich dabei um eine leichte
Aufgabe handelt. Die Gestaltpädagogik bietet jedoch Handlungsspielräume auch dann, wenn es eng
wird. Sie zeigt die ungenutzten, übersehenen und oftmals entscheidenden Ressourcen für eine
entwicklungsförderliche pädagogische Beziehung. Dazu nutzt sie auch die langjährigen
psychotherapeutischen Erfahrungen im Kontext der Gestalttherapie, etwa mit Blick auf auffallendes
Verhalten und psychische Probleme pädagogischer Zielgruppen.
 
Ziel der Gestaltpädagogik ist die Förderung der Mündigkeit der Adressat:innen durch Arbeit am
Kontakt und Selbstverfügbarkeit der pädagogisch Handelnden. Gestaltpädagog:innen können auch
in schwierigen Situationen die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen erreichen, mit denen sie
arbeiten, und zwar unter Anwendung achtsamkeitsbasierter, emanzipierender, flexibler und
kreativer Methoden. Gestaltpädagogik arbeitet deeskalierend und gleichzeitig Grenzen klärend und
wahrend.
 
Die für Herbst 2024 am LPI geplante Weiterbildung in Gestaltpädagogik kombiniert praktisches,
handlungsfeldspezifisches Handlungswissen (Beziehungsgestaltung, Deeskalation, Interventionswissen) mit einem die eigenen Handlungsspielräume erweiterenden Prozess der Selbstreflexion (Haltung, Werte, Selbsterfahrung).