tiG
WAS?
Die Weiterbildung in traumaorientierter-integrativer Gestalttherapie (tiG) erstreckt sich über ein Jahr. Sie umfasst Selbsterfahrung, praktische Tätigkeit und Theorie. Sie findet berufsbegleitend statt und besteht aus sieben Wochenenden und einer Fortbildungswoche im Allgäu. Mit einer Gruppengröße von bis zu 11 Teilnehmer:innen gewährleisten wir ein intensives und erfahrungsorientiertes Lernen.
WOZU?
Die Weiterbildung hat sich zum Ziel gesteckt, Gestalttherapeut:innen in ihrer Arbeit mit traumatisierten Menschen zu ermächtigen und zu befähigen. Handlungssicher werden. Stabilisieren können. Sich im Prozess orientieren. Verstehen, was gerade passiert. Auf herausfordernde Momente methodisch flexibel antworten können. Über Trauma aufklären können. Achtsamkeit und Sicherheit im Umgang mit Grenzen gewinnen. Sich selbst gut unterstützen.
Ziel der Weiterbildung ist es,
- aus theoretischer Sicht ein gestaltspezifisches Verständnis von Trauma zu entwickeln.
- aus praktischer Sicht ein traumaorientiertes Handlungswissen und – repertoire einzuüben und methodisch auf die vielfältigen Phänomene des Traumatischen (Intrusionen, Dissoziationen, traumatische Gefühle, Sinnverlust etc.) antworten zu können.
- aus persönlicher Sicht sich den eigenen Verletzlichkeiten zuwenden und sich sinnlich-sinnhaft neu auszurichten.
WIE?
Mit überschaubaren und prägnanten Theorieeinheiten und -impulsen werden wir vielfältige Methoden erproben. Wir machen Interventionsübungen in Partner- und Triadenarbeiten, lernen traumaspezifische Do’s und Don’ts kennen und arbeiten dabei an uns selbst. Hierzu bieten wir einen l e b e n d i g e n Lernraum an, der als Vertrauensraum ein ganzheitliches Lernen zum Phänomen Trauma ermöglicht. Das Dialogische grundiert dabei stets unsere traumasensible awareness – dies ist gleichsam die Arbeit an unserer dialogischen Haltung. Und zudem erweitern wir unseren Grenzraum, indem wir integratives Handlungswissen aus Körperpsychotherapien, der Pessotherapie sowie der Hypnotherapie in das Gestalt-Know-How integrieren.
VOR WELCHEM HINTEGRUND?
Lore Perls hat es deutlich gemacht: Ein Kontakt kann nur so gut sein, wie sein organismischer Hintergrund. So ist die dialogische Arbeit an den Stützfunktionen zentral. Dies gilt für alle Formen traumatischer Erfahrungen. Schließlich geht es in der Gestalttherapie darum, dass die jeweiligen Gestalten prägnant werden können und einen stimmigen Platz im Zueinander und im Ganzen finden können.
tiG folgt dem Kontakt-Support-Modell nach Lore Perls mit dem Ziel, fixierte Erlebensfragmente leiblich wie emotional in Bewegung zu bringen und sinnhafte Hintergründe zu formieren und/oder wiederherzustellen. So ist die polare Gegenkraft von KONTAKT, SINN und BEWEGUNG die jeweilige Antwort auf die traumaspezifischen Seinsweisen von fixierter EINSAMKEIT, haltloser VERZWEIFLUNG und ohnmächtiger STARRE. Hierbei geht es letztlich auch um die Arbeit mit der Ich-Grenze. Denn Trauma zersplittert die Ich-Grenze, beschädigt die Ich-Funktionen und lässt die Es-Funktionen unbegrenzt zurück. Sich an der Kontaktgrenze aufzuhalten, ohne über die Kontaktgrenze zu gehen, bedarf einer fachlichen wie einer embodied awarenenss in der Arbeit mit Menschen mit traumatischen Erfahrungen.
Dabei kommt dem Körper und der Arbeit an der leiblichen Dynamik eine prominente Bedeutung zu, insofern, als auf der Bühne des Körpers unterbrochene Handlungsdialoge stattfinden sowie somatische Bewegungsverläufe nach Vollendung drängen. Hierzu bietet die Weiterbildung somatische wie auch leibliche Zugangsweisen auf, wie z.B. mit dem Leibgedächtnis arbeiten, somatische Regulierungsstrategien anwenden oder das Erlebte auf der Bühne des Körpers neu verhandeln.
Was ist besonders?
Wir legen in dieser Weiterbildung auch ein Augenmerk auf feldtheoretische Zusammenhänge, so dass wir die soziale, strukturelle und transgenerationale Traumatisierung mit in den Blick nehmen. Während v.a. Schock- und Bindungstraumatisierungen das psychopathologische Feld kennzeichnen, möchten wir darüberhinaus auch die gesellschaftlich-machtvollen Dimensionen von Traumaprozessen berücksichtigen. So schreibt Bert Brecht in seinem Buch der Wendungen: „Der reißende Fluss wird gewalttätig genannt. Aber das Flussbett, das ihn einengt, nennt keiner gewalttätig.“
Aus der Praxis für die Praxis
Kernstück ist das humanistische Fundament eines gestalttherapeutischen Traumaverständnisses. Daraus ergibt sich ein methodisches Handeln.
- Was ist zu beachten bei ungeordneten Erlebensdetails, die mit hoher leiblicher Erregung einhergehen?
- Wie unterscheide ich Deflektion von Dissoziation?
- Welche traumasensiblen methodischen Interventionen bietet die Stuhlarbeit und was sind die Don’ts?
- Wie gehe ich mit traumatischer Scham um?
- Was tun, wenn ein früher Bedürfnismangel intrusiv erlebt wurde im Vergleich zu einem plötzlichen singulären Ereignis?
- Welche Zugänge gibt es, wenn der/die Klient:in sich nicht an Inhalte erinnert?
- Wie kommen die Gefühle dosiert in den Körper zurück?
- Wie entgehe ich als Therapeut:in dem sog. Traumasog?
- Was ist das Spezifische bei den unterschiedlichen Traumadimensionen (Schocktraumatisierung, Bindungstraumatisierung, soziale Traumatisierung, strukturelle Traumatisierung, transgenerationale Traumatisierung)? Welches Handlungswissen folgt aus diesen traumatischen Dimensionen?
usw.